Mal so vorweg
Manchmal habe ich ein richtig schlechtes Gewissen, wenn ich ein Buch sehr schnell durchlese. Weil es ja so viel Arbeit war und es so lange dauert, bis eine Geschichte von der Idee zum gedruckten Buch wird. Und dann liest man es in ein paar Stunden runter ... das ist irgendwie, als ob man ein liebevoll gekochtes Fünf-Gänge-Menü in zehn Minuten und im Stehen runterschlingt.Aber: Man kann vielleicht nicht genussvoll schlingen, aber definitiv schnell lesen und trotzdem intensiv mitgehen und -fühlen. Die Geschichten, die Andreas Steinhöfel erzählt, sind sozusagen von Natur aus intensiv - man muss also nur mitschwimmen und sich darauf einlassen. Go with the flow.
Worum geht es?
Da ist die Familie von Logo Färber, 14, die man im ersten Teil gut kennenlernt: seine seltsam distanzierten Eltern, seine Schwester Pola, 15, seine Zwillingsgeschwister Margarethe und Husch, 4, sowie Oma, die Mutter von Mama. Sie fahren alle zusammen in den Urlaub in ein Ferienhaus am Waldensee. Alles irgendwie so weit nett und gut und irgendwie auch lustig. Und doch merkt man, dass nicht alles so Heile-Welt-ig ist bei den Färbers; irgendwas stimmt nicht und macht beim Lesen unruhig.Noch vor der Ankunft im Ferienhaus kommen dann auch noch Logos Gefühle in unerwartete Wallung. Er sieht sie zum ersten Mal: das blonde Mädchen, das mit seinen Eltern im Auto unterwegs ist und das ihn total fasziniert, obwohl die beiden nur einen kurzen Blick gewechselt haben.
Während Logo versucht, sie wiederzufinden und mit ihr zu reden, vergehen ein paar Ferientage, in denen wir als Leser weitere Szenen der Familie beobachten können. Zum Beispiel süße (mit den eigenwilligen Zwillingen) und ernsthafte (mit Oma).
Da ich selbst dummerweise vor dem Lesen bei einem dödeligen Rezensenten einen nicht als solchen kenntlich gemachten Spoiler gelesen hatte, will ich über die Zuspitzung der Dinge gar nicht viel schreiben.
Nur so viel: Logo schafft es, das Mädchen - ihr Name ist Carla - zu finden und mit ihr zu sprechen. Dass mit ihr etwas gar nicht in Ordnung ist, merkt er sofort. Doch um herauszufinden, was es ist, braucht er eine Weile. Und so gemächlich die Geschichte mit den beiden Jugendlichen in Gang kam, so schnell und auch überraschend geht es dann weiter.
Und weil das so ist, bleibt einem auch gar nichts anderes übrig, als schnell zu lesen: Man möchte wirklich zügig erfahren, was das Geheimnis von Carla ist, so präsent und drängend ist die Anspannung des Ich-Erzählers Logo.
Um es hier dann doch noch etwas zuzuspitzen: Bis Logo die Puzzleteilchen zusammensetzt und versteht, was passiert ist, schwebt Carla in großer Gefahr. Und in ihrem Leid zerrt sie dann auch Logo fast mit ins Verderben. Okay, das klingt jetzt etwas pathetisch, aber es ist eben sehr dramatisch. Und Logo ist mir persönlich beim Lesen wirklich ans Herz gewachsen. Er ist so liebevoll und reflektiert - auf keinen Fall wollte ich, dass ihm etwas Schlimmes passiert!