Auf nach Norden – an die Ostsee!
Vor über einem Monat habe ich hier ja schon mit den Fingern auf der Tischplatte getrommelt und gestern war es endlich so weit:
Die Verfilmung von Teil 3 der Rico-Oskar-Trilogie von Andreas Steinhöfel wurde in München gezeigt.
Nicht die premierigste aller Premieren, weil zeitgleich zwei weitere in Dresden und Schleswig stattfanden, weil es in der Woche davor schon eine in Berlin gab und weil der Film auch schon bundesweit der Presse gezeigt wurde. Aber immer noch eineinhalb Wochen vor dem Kinostart am 28. April. Und außerdem – diesen Film kann man gar nicht oft genug sehen!
Zur Erinnerung: In Teil 1 „Rico, Oskar und die Tieferschatten" überführten Oskar, der Hochbegabte, und Rico, der Tiefbegabte, einen skrupellosen Kindesentführer, in Teil 2 „Rico, Oskar und das Herzgebreche“ einen dödeligen Hehler sowie dessen Mutter, eine fiese Erpresserin.
In Teil 3 „Rico, Oskar und der Diebstahlstein" geht es nun um einen vielleicht wertvollen Stein, der wirklich existiert, und einen ganz sicher wertvollen Stein, von dem aber keiner weiß, ob es ihn tatsächlich gibt.
Gesucht wird nach dem real existierenden „Kalbstein“, den der steinezüchtende, knurrige Nachbar Gustav W. Fitzke Rico gerade vererbt hat. Und so beginnt der Film auf einem Friedhof. Dort endet er übrigens auch. Ungewöhnlich für einen Kinderfilm, aber gut verdaulich dargeboten. Außerdem geht es bald an einen schöneren Ort: nach Pretow an der Ostsee. Dahin verschlägt die Jagd nach dem Stein Rico, Oskar und Hund Porsche, denn dort vermutet – der diesmal übrigens weder Helm noch Sonnenbrille, sondern eine peruanische Bommelmütze tragende – Oskar die Diebe.
Die Zugfahrt nach Pretow ist schon nervenaufreibend genug für Rico, der zuvor noch nie aus Berlin herausgekommen ist. Als er aber nach seinem ersten und wirklich ernsthaft bösen Krach mit Oskar aufgebracht durch die Dünenlandschaft rennt, springt wieder die verhasste und schon fast vergessene Bingotrommel in seinem Kopf an. Mit der Hilfe von Porsche, Hundekeksen, der nachlassenden Wut und ungewöhnlicher Entschlossenheit beweist Rico dann aber, dass er gar nicht so tiefbegabt ist, wie er selbst immer dachte – und wie Oskar es ihm vorgeworfen hat.
Oskars Antrieb für die ganze Aktion ist im Übrigen keineswegs das Interesse am Stein, sondern der massiv eskalierte Streit mit seinem Vater Lars. Oskars tapfer getragene tiefe Traurigkeit und Verlassenheit bilden einen starken Kontrast zu Ricos treuherzig-kulleräugiger Naivität. Und doch sind der zähe kleine und fürs normale Leben viel zu sensible Junge und sein größerer, liebenswert-tapsiger Freund in all ihrer Unterschiedlichkeit ein geniales Team. Und eigentlich möchte man die beiden ja immer nur knuddeln und dafür sorgen, dass ganz schnell alles wieder gut wird.
Und ohne zu viel zu verraten: Das wird es auch. Denn natürlich hat die wunderbare Trilogie ein wunderbares Happy End. Genaugenommen sogar mehrere – hier die wichtigsten: Rico und Oskar versöhnen sich wortlos und ergreifend süß. Die gediebten Steine können gerettet werden. Und endlich, endlich finden auch Oskar und sein schwieriger Vater Lars in einer weiteren herzerwärmenden Szene zusammen.
Einen kleinen Abzug gibt’s nur für die Rolle, die Heike Makatsch als Bedienung im Café bekommen hat. Im Buch ist das eine liebenswert lustige Episode, in der Rico und Oskar ihre charakteristisch unterschiedlichen Frühstückswünsche vortragen. Im Film ist daraus eine überdrehte und arg lange Klamauk-Szene geworden, die mir überhaupt nicht gefallen hat (vom Publikum aber durchaus belacht wurde). Sollte sicherlich die Fortführung sein von Anke Engelkes genervter Eisverkäuferin in den „Tieferschatten“ und Annette Friers explosiver Pizzeria-Bedienung im „Herzgebreche“. Richtig cool war aber nur die Eisverkäuferin (und das war auch die einzige dieser Szenen, die aus der Buchvorlage stammte).
Thema Buchvorlage: Erfreulich viele Dialoge im „Diebstahlstein" sind direkt aus dem Buch übernommen, was alles sehr authentisch macht. Und den geneigten Leser des Buchs beglückt, weil er die darin liebgewonnenen Figuren 1:1 wiedererkennt.
Lese(t)räumchen meint: